Ergebnisoffenheit in der Konfliktarbeit: Verfolgen Mediatoren eine geheime Agenda?

02. August 2016, geschrieben von 

Im Rahmen einer Weiterbildung eines Hamburger Mediatorennetzwerks warf Alexander Redlich unter dem Schlagwort „Entflechtung“ einen kritischen Blick auf das versteckte Versprechen der Mediation: Verbesserung und Wiederherstellung der Kooperationsfähigkeit zwischen den Konfliktparteien. Weisen viele Mediationsansätze eine Schlagseite auf, die über die Klärung von Interessen, Hintergründe und Wertvorstellungen die Wiederherstellung einer guten Beziehung verfolgt?

Wenn dem so wäre, was würde dies für eines der wichtigsten Prinzipien in der Mediation, die Ergebnisoffenheit, bedeuten? Sind wir Mediatoren wirklich für alle Lösungsoptionen gleich offen? Ist eine Lösung, bei der sich die Konfliktparteien zukünftig aus dem Wege gehen, gleichwertig zu einer wieder hergestellten guten Beziehung? Stehen sich dann Trennung und eine vertiefte Kooperation noch als gleichwertige Optionen gegenüber? Oder folgen viele Mediatoren vielmehr einer eigenen Agenda und arbeiten daran, die Beziehung der Parteien soweit zu verbessern, dass sie ihre Probleme zukünftig zusammen selbst bewältigen? Trennung ist dann allenfalls Plan B.

Einige mögen sich verwundert die Augen reiben und sich denken: Ja, aber genau das ist doch der Auftrag der Mediation. Andere werden vielleicht sagen: Aber wieso, in der Trennungsmediation habe ich ja explizit den Auftrag, den Prozess des fairen Auseinandergehens zu unterstützen.

Vom meinem Grundverständnis als Mediator ist für mich klar: Über Trennung und Kooperation entscheiden allein die Konfliktparteien. Und doch: Wenn ich in mein Innerstes hineinhorche, dann freue ich mich doch etwas mehr, wenn die Konfliktparteien am Ende einer Mediation hinausgehen und sagen: „Na, dann lass es uns nochmal miteinander probieren!“ Inwieweit dies meine Arbeit als Mediator beeinflusst? Spontan würde ich sagen: Gar nicht. Aber vielleicht liegt gerade da mein blinder Fleck. Grund genug mich selbst, zukünftig mal ein wenig genauer zu beobachten.

Wie stehen Sie dazu? Haben Sie bereits ähnliche Erfahrungen in der Mediation gemacht?

Letzte Änderung am 15. Januar 2019
Sascha Kilburg

… ist mit Kilburg Consulting selbstständig und als Coach, Teamentwickler und Mediator unterwegs. Menschen im Dialog zu begleiten, denen inner- und zwischenmenschlichen Herausforderungen bei der Bewältigung von beruflichen Aufgaben im Wege stehen, spiegelt sein Selbstverständnis wider. Er mag es, seine Arbeit einem kritischen Blick zu unterwerfen, Neues zu erlernen und Erlerntes zu teilen. Als Autor von Fachartikeln und E-Learning-Trainings beschäftigt er sich mit den Themen Kommunikation, Beratung und Mediation. In seinen 10 Jahren als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Universität Hamburg lag sein Forschungsschwerpunkt auf der Vermittlung von Kommunikation und Beratung - digital wie analog.

1 Kommentar

  • Kommentar-Link Hartwig Häger 10. März 2017 gepostet von Hartwig Häger

    Die von Dir beschriebenen Erfahrungen hat wohl jeder einmal gemacht. Gerade in der Anfangszeit meiner Mediationstätigkeit war bei mir das Bedürfnis nach Wiederherstellung der Kooperation unbewusst vorhanden. Ursache hierfür war in aller Regel eine unterschwellige Botschaft bei der Auftragserteilung. Bei Aufträgen Dritter (z.B. in Unternehmen) oder Paarmediationen schwingt eigentlich immer der Wunsch nach Befriedung des Konfliktes mit. Dies gilt selbst bei Trennungs- und Scheidungsmediationen.

    Ich habe mir daher angewöhnt, bereits bei der Auftragsklärung die Ergebnisoffenheit des Verfahrens und die Eigenverantwortlichkeit der Parteien zu betonen. Auch wenn ich selten die Methodik der Klärungshilfe anwende, verstehe ich mich aber als Klärungshelfer. Klarheit über die Situation ist eben eine gute Basis für Entscheidungen und die können sehr unterschiedlich sein.

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