Allparteilichkeit aus Sicht des Gesetzgebers: Die Stolperfalle für Mediatoren

22. März 2017, geschrieben von 

"Als Mediator darf nicht tätig werden, wer vor der Mediation in derselben Sache für eine Partei tätig gewesen ist. Der Mediator darf auch nicht während oder nach der Mediation für eine Partei in derselben Sache tätig werden." 

§3, Absatz 3, MediationsG

Klar und deutlich schreibt der Gesetzgeber hier vor, dass wir als Mediatoren in einem Streitfall nicht für nur eine Konfliktpartei tätig sein dürfen – weder davor, während, noch nach der Mediation. Die Allparteilichkeit wurde vom Gesetzgeber als hohes Gut der Mediation festgeschrieben. Diese Regelung gilt gleichermaßen für Kollegen, mit denen man berufliche direkt verbunden ist, wie beispielweise in einer Bürogemeinschaft.

So weit, so gut. Aber was heißt dies nun in der Praxis? Hier kann es schnell schwierig werden. Gerade bei schlecht definierten Konfliktfällen, z.B. im Unternehmen, ist oftmals nicht klar, worüber die Konfliktparteien streiten oder ob überhaupt ein Konflikt vorliegt. Dann heißt es in der Auftragsklärung mit der Führungskraft: "Die Mitarbeiter brauchen mal ein Konflikttraining, um ihre Kooperationsfähigkeit zu verbessern. Nie machen sie, was ich sage." Hier besteht der erste Schritt der Mediation in der Auftragsklärung. Mit der Führungskraft muss beraten werden, welches Vorgehen sinnvoll ist: Ein Führungskräftecoaching, ein Kommunikations- und Konflikttraining oder eine Mediation? Schnell kann hier die Auftragsklärung in ein erstes Führungskräftecoaching übergehen.

Oftmals erscheinen im Laufe des Prozesses mehrere Interventionen sinnvoll. So äußert die Führungskraft nach der Mediation vielleicht den Wunsch, noch mal einen Blick auf ihre eigene Kommunikation mit den Mitarbeitern zu werfen. Hier scheidet dann der Mediator als Coach aus.

War der Mediator vorab oder will er während der Mediation für eine Konfliktpartei tätig werden, lässt der Gesetzgeber zumindest für Kollegen, mit denen man berufliche verbunden ist eine kleine Hintertür offen: "Die Beschränkungen des Absatzes 3 gelten nicht, wenn sich die betroffenen Parteien im Einzelfall nach umfassender Information damit einverstanden erklärt haben und Belange der Rechtspflege dem nicht entgegenstehen." (§3, Absatz 3, MediationsG). Hier heißt das Gebot also "größtmögliche Transparenz" gegenüber allen Konfliktparteien. Im Zweifelsfalle sollten sie an einen Kollegen übergeben, mit dem sie nicht geschäftlich verbunden sind.

Für Klienten bedeutet diese Bestimmung ein Stück Sicherheit in das Verfahren Mediation. Wo Mediation drauf steht, sollte Allparteilichkeit drin sein – ohne Wenn und Aber.

So sehr ich ich die Intention des Gesetztgebers teile, so sehe ich es zugleich auch als Beschränkung: Liegt es oftmals doch geradezu auf der Hand, der Teamleitung eine Rückmeldung zu ihrer Führung zu geben, wenn sich dies z.B. im Laufe der Mediation als Herausforderung sichtbar geworden ist.

Was denken Sie über §3, Absatz 3, MediationsG? Eine sinnvolle Klarstellung im Sinne der Allparteilichkeit oder hinderliche Fesseln, die ganzheitliche Beratung erschweren?

Letzte Änderung am 13. September 2019
Sascha Kilburg

… ist mit Kilburg Consulting selbstständig und als Coach, Teamentwickler und Mediator unterwegs. Menschen im Dialog zu begleiten, denen inner- und zwischenmenschlichen Herausforderungen bei der Bewältigung von beruflichen Aufgaben im Wege stehen, spiegelt sein Selbstverständnis wider. Er mag es, seine Arbeit einem kritischen Blick zu unterwerfen, Neues zu erlernen und Erlerntes zu teilen. Als Autor von Fachartikeln und E-Learning-Trainings beschäftigt er sich mit den Themen Kommunikation, Beratung und Mediation. In seinen 10 Jahren als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Universität Hamburg lag sein Forschungsschwerpunkt auf der Vermittlung von Kommunikation und Beratung - digital wie analog.

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