Online-Moderation: Im Dschungel der Tools – Wie wähle ich das passende Werkzeug aus?

11. Juni 2020, geschrieben von 

Wie in meinem Beitrag Online-Moderation in Zeiten von Corona vorgestellt, unterscheide ich drei Aufgaben einer Online-Beratung bzw. Moderation, die durch Online-Werkzeuge technisch unterstützt werden können:

  1. Die Kommunikation zwischen den Beteiligten
  2. Die Visualisierung von Inhalten
  3. Die Beteiligung der Teilnehmenden

Einige Tools vereinen alle drei Funktionalitäten. Ich plädiere jedoch dafür, sich die drei Bereiche getrennt anzusehen, da es aus meiner Sicht bedeutende Unterschiede in den Funktionalitäten und ihrer Umsetzung gibt. Ich möchte in diesem und weiteren Beiträgen meine Erfahrung im Einsatz mit Tools teilen. In diesem Beitrag werfe ich zunächst einen Blick darauf, anhand welcher Kriterien ich mich für den Einsatz eines Tools entscheide. Meine Auswahlkriterien betrachte ich dabei jeweils unter zwei Perspektiven: Einerseits interessiert mich, inwieweit ich als Moderator mit einem Tool gut arbeiten kann; andererseits ist relevant, inwiefern ein Tool den Anforderungen meiner Klienten gerecht wird.

Aus der Perspektive des Beraters stellen sich beispielsweise Fragen wie: Eignen sich die Tools für meine Beratungszwecke? Handelt es sich um eine Einzelberatung, eine Zweier-Mediation, eine Teamentwicklung, einen Strategieworkshop, eine Moderation über Sachthemen oder um die Vermittlung von Inhalten? Was steht im Fokus: Die Beteiligten in Kontakt zu bringen? Austausch und Diskussionen zu führen? Inhalte zu vermitteln? Inhalte zu erarbeiten? Gibt es Ergebnisse? Braucht es eine Dokumentation der Ergebnisse und/oder des Prozesses?

Aus der Perspektive der Klienten stellen sich etwa folgende Fragen: Welche Kompetenzen bringen sie im Umgang mit Computertechnik mit? Welche Voraussetzungen sind bei der Technik selbst gegeben, insbesondere bei der Hardware, den Installationsrechten, der Internetbandbreite und den zugelassenen Internet-Protokollen? Welche Anforderungen haben die Klienten an Vertraulichkeit und Datenschutz? Und nicht zuletzt: Wieviel „Komfort“ erwarten sie? Und was darf er kosten? Dabei sind die Anforderungen seitens meiner Klienten sehr unterschiedlich. Nicht jedes Tool wird diesen Anforderungen gleichermaßen gerecht. Ich bin daher dazu übergegangen, Tools fallbezogen auszuwählen und einzusetzen.

Zusammengefasst orientiere ich mich bei der Wahl eines Tools in erster Linie an den folgenden sieben Kriterien:

Funktionalität: Was bietet und kann das Tool? Welche Funktionen brauche ich für meinen Anwendungszweck? Mit einigen Umwegen und kreativer Umwidmung kann man mit vielen Tools das Ziel erreichen. Oft bedeutet dies allerdings, Abstriche bei der Handhabung in Kauf zu nehmen.

Handhabung: Wie intuitiv und effizient ist das Tool – einerseits für mich in der Vorbereitung, Administration und Anwendung, und andererseits für die Klienten in der Beratung? Neben der Einfachheit der Bedienung finde ich die zielgruppengerechte Gestaltung noch wichtig: Ist diese sehr technisch gestaltet oder nutzt diese Anleihen aus der Lebens- und Arbeitswelt? Dies hat immer wieder einen entscheidenden Einfluss auf die Akzeptanz bei meinen Klienten.

Anzahl der Teilnehmenden: Für welche Zahl von Teilnehmenden ist das Tool ausgelegt? Dies betrifft sowohl die Handhabung, technische Zuverlässigkeit sowie die Übersichtlichkeit und Funktionalität im Arbeitsprozess.

Technische Voraussetzungen: Welche Anforderungen an die Hardware, Programme, Internetzugang, Internetprotokolle sind notwendig? Ist die Installation bestimmter Softwarepakete notwendig? Gibt es alternative Nutzungsmöglichkeiten wie Zugriff per Standard-Browser oder Teilnahme per Telefon?

Technische Zuverlässigkeit: Wie stabil und fehlerfrei läuft das Tool, insbesondere im Zusammenspiel unterschiedlicher und meist nicht bekannter Endgeräte? Werden Inhalte bei synchronen Arbeiten direkt und korrekt aktualisiert? Werden Arbeitsergebnisse kontinuierlich gesichert?

Datenschutz/Vertraulichkeit: Wie wird mit personalisierten und pseudoanonymisierten Nutzerdaten umgegangen? Werden Daten verschlüsselt übertragen und (zwischen-)gespeichert? Welchen Datenschutzbestimmungen verpflichtet sich ein Anbieter? Nicht zuletzt: Wie vertrauenswürdig ist ein Anbieter und das Land, über den der Service des Tools abgewickelt wird? Treffen die Handhabung von Datenschutz und Vertraulichkeit die Anforderungen meiner Klienten?

Preis-Leistungs-Verhältnis: Wieviel bin ich bereit für den gebotenen Leistungsumfang zu zahlen? Inwieweit kann ich meine Kosten auf den Kunden umlegen?

Die vielfältigen Kriterien machen die Wahl des Tools zu einer komplexen Sache. Tendenziell steigen die Kosten mit der Teilnehmerzahl, dem Grad der Interaktivität mit den Teilnehmenden, dem Funktionsumfang sowie den Anforderungen an den technischen Support.

Wie sich diese Abwägung konkret gestaltet, wird Thema meines nächsten Beitrags Welche Tools eignen sich als virtueller Beratungsraum? sein. Darin werfe ich einen Blick auf Tools zur Gestaltung der Online-Kommunikation und stelle ihre Vor- und Nachteile gegenüber.

Letzte Änderung am 23. Juni 2020
Sascha Kilburg

… ist mit Kilburg Consulting selbstständig und als Coach, Teamentwickler und Mediator unterwegs. Menschen im Dialog zu begleiten, denen inner- und zwischenmenschlichen Herausforderungen bei der Bewältigung von beruflichen Aufgaben im Wege stehen, spiegelt sein Selbstverständnis wider. Er mag es, seine Arbeit einem kritischen Blick zu unterwerfen, Neues zu erlernen und Erlerntes zu teilen. Als Autor von Fachartikeln und E-Learning-Trainings beschäftigt er sich mit den Themen Kommunikation, Beratung und Mediation. In seinen 10 Jahren als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Universität Hamburg lag sein Forschungsschwerpunkt auf der Vermittlung von Kommunikation und Beratung - digital wie analog.

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