Themenfindung in der Mediation – Worüber kann (gut) gesprochen werden?

24. September 2019, geschrieben von 

Für Mediatoren ist die Antwort auf die Frage "Wer bestimmt, was in der Mediation zum Thema wird?" klar: Es sind die Konfliktparteien und nicht die Mediatoren. Nichtsdestotrotz lohnt ein näherer Blick. Auch wenn die Themen ausschließlich von den Konfliktparteien kommen und von ihnen auch zur Bearbeitung ausgewählt werden, so steuern wir Mediatoren doch mit. Doch wie genau entscheiden Mediatoren, was sie für ein geeignetes Thema für die Mediation halten?

Mich leiten in meiner Arbeit vier Grundsätze, wenn es an die Auswahl der Themen geht:

  1. Themen, deren Lösung nicht im Handlungsspielraum der anwesenden Konfliktparteien liegen, werden von mir als Mediator hinterfragt. Wollen die Konfliktparteien über ein Konfliktthema sprechen, das sie selbst nicht beeinflussen und lösen können? Will ein Team Auswahlkriterien festlegen, wenn ihre Führungskraft klar sagt: "Personalentscheidungen treffe ich - ich allein!"?
  2. Themen, die sehr allgemein formuliert sind, wie z.B. "Stimmung im Team", versuche ich zu konkretisieren. Woran machen die Beteiligten die schlechte Stimmung fest? In welchen Situationen tritt sie auf? Je konkreter die Beschreibung, desto leichter können von den Beteiligten später Lösungen erarbeitet werden.
  3. Themen, die unstrittig sind, werden auf ihren Diskussionsbedarf hin geprüft. Was selbstverständlich klingt, ist im Tumult des Konfliktes keineswegs immer klar. Es werden zuweilen Themen eingebracht, die den Konfliktparteien wichtig sind, bei denen sie aber keine unterschiedlichen Standpunkte vertreten. Vielmehr herrscht Einigkeit.
  4. Themen, die unter dem Radar laufen, werden von mir als Angebot für ein mögliches Konfliktthema benannt. Dies können Themen sein, die die Konfliktparteien als solche (noch) nicht für sich erkannt haben, Themen, die besonders hohes Konfliktpotential in sich bergen, oder Themen, die mit einem Tabu belegt sind und daher nicht angesprochen werden. Angebot heißt für mich, dass die Konfliktparteien entscheiden, ob das Thema (jetzt) auf die Agenda kommt. Das mein Angebot klar abgelehnt wird, erlebe ich dabei mindestens ebenso häufig wie dass es mein Angebot dankbar aufgegriffen wird.

Letztlich entscheiden die Konfliktparteien in einem Aushandlungsprozess, welche Themen in der Mediation besprochen werden. Ich steuere mit, hinterfrage und nehme als Mediator Einfluss - nicht zu Gunsten einer Partei, sondern in dem Sinne, dass alle mögliche Konfliktthemen benannt werden. Dies geschieht idealerweise in so einer Form, dass die Themen von den Konfliktparteien auch bearbeitet und gelöst werden können.

Was sind Ihre Erfahrungen? Haben auch Sie Kriterien, nach denen Sie die Themenwahl in der Mediation steuern?

Letzte Änderung am 24. September 2019
Sascha Kilburg

… ist mit Kilburg Consulting selbstständig und als Coach, Teamentwickler und Mediator unterwegs. Menschen im Dialog zu begleiten, denen inner- und zwischenmenschlichen Herausforderungen bei der Bewältigung von beruflichen Aufgaben im Wege stehen, spiegelt sein Selbstverständnis wider. Er mag es, seine Arbeit einem kritischen Blick zu unterwerfen, Neues zu erlernen und Erlerntes zu teilen. Als Autor von Fachartikeln und E-Learning-Trainings beschäftigt er sich mit den Themen Kommunikation, Beratung und Mediation. In seinen 10 Jahren als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Universität Hamburg lag sein Forschungsschwerpunkt auf der Vermittlung von Kommunikation und Beratung - digital wie analog.

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