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Wenn wir die Berichte von Wissenschaftler*innen ernst nehmen, dann befinden wir uns in Zeiten einer Klimakrise: Wir müssen als Weltbevölkerung unsere CO2-Emissionen in den kommenden Jahren drastisch reduzieren, um eine Erderwärmung und die daraus resultierenden Folgen zu verhindern. Selbstverständlich wird sich dieser Klimawandel nicht durch individuelle Entscheidungen aufhalten lassen, sondern es bedarf konsequenten politischen Handelns. Dennoch möchte ich in diesem Blogbeitrag den ökologischen Fußabdruck unseres Berufs in den Fokus nehmen und meine Leser*innen zur Selbstreflexion anregen. – Dies als kleine Vorwarnung. Wer sich selbst nicht kritisch hinterfragen (lassen) möchte, möge also bitte schlicht nicht weiterlesen.

In Fortführung von Kirstens Beitrag „Mehr als ein (Einzel-) Vorgespräch: Ja oder nein?…“ wurde mir klar, dass mein Ausgangspunkt bezüglich Einzelgesprächen ein anderer ist. Gelernt habe ich bei meiner Ausbildung zur Konfliktmoderatorin (NaviKon®) als Grundregel, immer mit allen am Konflikt Beteiligten Einzelgespräche zu führen. Nach der Auftragsklärung sollen Gespräche mit allen Teilnehmern stattfinden, um anschließend eine Rückspiegelung an den Auftraggeber vorzunehmen, damit der im Vorfeld besprochene  Auftrag bei Bedarf verändert oder angepasst werden kann. Diese Prozessschritte dienen der Konfliktanalyse der Mediatorin und geben vor allem auch die Möglichkeit, frühzeitig den Auftrag in Berücksichtigung aller Konfliktbeteiligten formulieren zu können. Die Vertraulichkeit wird bei der Rückspiegelung dadurch gesichert, dass keine inhaltliche Wiedergabe der Gespräche, sondern ein übergeordnetes thematisches Feedback gegeben wird.

In einem vorigen Beitrag "Wie halte ich es mit der Macht im Machtgefälle?" habe ich begründet, weshalb ich bei starken Machtgefällen in Intragruppenkonflikten mittlerweile bevorzugt nicht mehr mit der Gesamtgruppe, sondern in kleineren Settings arbeite. Wie sehen dann brauchbare Arbeitsformate aus?

In Fortführung meiner Gedanken zum Umgang mit asymmetrischen Konflikten bei der Bearbeitung von Intragruppenkonflikten "Alle gegen einen!" - Knifflige Verfahrensfragen in der Mediation" möchte ich meine eigene Haltung dazu beschreiben – und wie sich diese über die Jahre verändert hat.

Zu den Besonderheiten von Mediationen in Gruppen gehört, dass sich in jeder Phase ein starkes Ungleichgewicht zeigen kann – dazu drei Beispiele: 

Im Vorgespräch für die Klärung eines Dauerkonfliktes in einer Abteilungsleiterrunde sagt der Vorgesetzte, dass Entscheidungen oft mit 11 Ja-Stimmen, 2 Nein-Stimmen und 0 Enthaltungen getroffen werden. Er fügt hinzu, dass es sich immer um dieselben beiden (älteren) Personen handele, die gegen die Vorhaben der (jüngeren) Mehrheit stimmten. Die beiden lägen außerdem oft miteinander im Streit.

Bei vielen gehörten Worten rattert in den Köpfen unbewusst sofort eine Assoziations- und Interpretationsmaschinerie los… Als Psychologin mache ich mir bewusst, dass sofort bestimmte „frames“ getriggert werden: Worte können so blitzschnell zu empfundenen Abwertungen, Verharmlosungen oder Diskriminierungen werden. Für mich als Mediatorin bedeutet dies, insbesondere bei eskalierten, identitätsbasierten Konflikten meine Worte sehr bewusst zu wählen, um im Sinne der Wahrung meiner Allparteilichkeit möglichst für alle Beteiligten neutrale Formulierungen zu nutzen.

Die wachsende Bekanntheit und Akzeptanz von Mediation können – so scheint es mir mit Blick auf einige meiner Auftragsklärungen der letzten Zeit – für uns Mediatoren paradoxerweise neue Hürden bereithalten. Mediation hat, insbesondere in Unternehmen, mittlerweile einen derart guten Ruf, dass es bisweilen für die Parteien in einem Konflikt nicht mehr opportun erscheint, ehrlich zu sagen, wenn sie nicht zu einer Mediation bereit sind oder es nicht für das geeignete Verfahren halten.

Angeregt durch den Beitrag von Sascha, ob wir als Mediator*innen eine geheime Agenda verfolgen, erinnerte ich mich an einen Mediationsauftrag. Dieser hat mich nach vielen Jahren der erfahrungsbasierten Überzeugung: „Trennung ist so manches Mal die allerbeste unter den schlechten Optionen!“ noch einmal in innere Arbeit gebracht.

Der Weg zum ersten Mediationstermin kann sehr verschieden sein. Mal geht es (überraschend) schnell zwischen der ersten Kontaktaufnahme und dem Termin, bei dem sich alle relevanten Konfliktbeteiligten gemeinsam mit der Mediatorin in einem Raum befinden und in die Klärung starten. Mal verstreicht sehr viel Zeit, sind viele Einzelgespräche zu führen, die Eignung des Mediationsverfahrens gründlich abzuwägen, Bedenkzeiten einzuräumen oder möglicherweise langwierige Verhandlungen über die wesentlichen Rahmenbedingungen einer Mediation zu führen. Sowohl auf den kurzen wie den langen Wegen kann so einiges dazwischen kommen und verhindern, dass eine Mediation zustande kommt.

Mediationsaus- und weiterbildungen sprießen aus dem Boden. Im Jahr 2013 hat die Stiftung Warentest einen (durchaus umstrittenen) Vergleich von 145 solcher Weiterbildungen vorgenommen – und das war nur ein Teil des bundesdeutschen Angebots in diesem Feld. Nach wie vor interessieren sich viele Menschen aus allen gesellschaftlichen Bereichen und mit diversen Hintergründen für das Erlernen des Mediationsverfahrens und der Rolle als Mediatorin.

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